AK - Westfal - Week of Stories

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AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon [Tom] » So 6. Okt 2019, 18:50

Hallo liebe Teilnehmer von unserer vergangenen Con!

Wie im Debriefing schon angekündigt, würden wir uns in der ersten Woche nach dem Con wünschen, dass ihr uns (und euch) keine Kritik schreibt, sondern eine
Week of Stories

Schreibt, was eurem Charakter passiert ist - was euer Charakter erlebt hat. Trauriges, Schönes, Bewegendes, Emotionales - Alles, was euch wichtig ist! Denkt daran, dass ihr am Besten von den Charakteren mit ihren In-Time-Namen schreibt - und nicht von euren Realnamen.

Wir haben euch alle lieb und freuen uns, dass ihr mit uns dieses Wochenende verbracht habt!
Seid gut zu euch und tut euch was Gutes! Schont euch ein wenig und entspannt euch!

In einer Woche würde wir uns dann natürlich sehr über jegliche Kritik von eurer Seite freuen - öffentlich oder per PM, wie es euch am liebsten ist!

Vor nunmehr einem Jahr wurde der timbedische Seehafen Westfal binnen vier Wochen von einer unheiligen Allianz zwischen den Orken der Krachtoi und Lyra Aress angegriffen. Die kleine Stadt und die umliegenden Gehöfte wurden dem Erdboden gleich gemacht und geplündert.
Trotz mutiger und entschlossener Gegenwehr konnten die timbedischen Verteidiger nicht standhalten, doch sie kämpften bis zu ihrem bitteren Ende, um Timbedien die Zeit zu erkaufen, sich gegen diesen neuen Orkensturm zu wappnen. Sie werden auf ewig einen Platz in unseren Herzen und in Paxas Hallen an der Tafel der Helden haben!
Nur wenige überlebte diesen Angriff und konnten entkommen. Durch sie gibt es einige wenige Überlieferungen, wie es sein musste, damals, an den Letzten Tagen von Westfal...


PS: Falls ihr jemanden zum Reden braucht, egal weshalb - ihr könnt uns jederzeit schreiben oder uns anrufen!
Señor Steinrich Birgelbaum - Timbedischer Waffenmeister

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[Tom]
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Re: AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon Katja - Berlin » Mo 7. Okt 2019, 10:07

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Re: AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon Jennifer » Mo 7. Okt 2019, 12:21

Geschichten von Olliviaa Rossetroy, Ehefrau des Händlers Guiseppe Rossetroy, der zum Handeln nach Westfal gekommen war.


Musik in der Fremde

Im Laufe der Jahre, in denen sie mit Guiseppe verheiratet war, war Olliviaa durch mehr dieser abgelegenen Provinzkäffer kutschiert worden, als sie sich je hätte vorstellen können. Und überall sah sie die gleichen verbrauchten Bauerngesichter mit stumpfen Blicken, die aus besseren Lumpen hervorschauten und scheinbar an nichts weiter Interesse hatten als der nächsten Mahlzeit. Umso mehr überraschte sie, dass sich in einem Weiler wie diesem ein junger Mann fand, der nicht nur die Musik dem Kämpfen vorzog, sondern sich auch noch die Zeit nahm, aus dem unerschöpflichen Holzvorrat dieses Landes Trommeln zu schnitzen. Nicht einmal das Singspiel „Die holde Aiddaa“ im Klein Rhaetikoner Musiksaal war für Olliviaa so aufregend gewesen wie die Musikrunde mit der ehemaligen Fischerin, bei der sie mitsingen durfte und sich selber vorkam wie eine Solistin. Wie lange dieser glückliche Moment dauerte, wusste sie nicht. Zum Glück war es dunkel, weshalb es danach nicht so auffiel, dass ihr beim Anblick ihres eher ärmlichen Publikums von drei, vier Soldaten und Küchenhilfen die Schamesröte ins Gesicht schoss.


Kein Ausweg

Der Angriff der Orken auf den kleinen Stützpunkt kam überraschend, zur Morgenstunde. Olliviaa war gerade fertig mit dem Ankleiden und auf den Weg in den Gemeinschaftssaal, als Geschrei ertönte und ihr am Fuß der Treppe die Fragnerin Johanna und Bruno der Heiler erschrocken entgegen liefen und sie ins Obergeschoss zurück drängten. Die Frau hatte einen Dolch in der Hand und schien trotz ihrer Angst wild entschlossen, Olliviaa und Bruno zu verteidigen. Die Treppe hoch, durch Türen hindurch und unter den staubigen Dachbalken entlang ging ihre kurze Flucht, und endete unter einem Bett in der hintersten Ecke. Dort saßen sie zu dritt, stammelten Stoßgebete und versteckten sich voller Angst vor den aufrückenden Orken, die riesige, dreckige Klingen schwangen und sich mit einem feisten Grinsen alle Zeit der Welt ließen, jeden, der von seiner Lagerstatt aufschreckte, einzeln wegzubringen. Das Entsetzen wurde fast spürbar, als Olliviaa und die anderen bemerkten, dass die Orken in ihrer eigenen Sprache zu ihnen sprachen. Sie wurden so leicht wie Kinder vom Boden gerissen und hinab in den Hof getrieben. Danach verschwamm ihre Erinnerung, und nur das schwarze Zeichen vor der Tür, das der Regen einfach nicht wegspülen wollte, rief ihr so manchen furchtbaren Moment zurück ins Bewusstsein.


Küchenhilfe

Die effiziente Aufgabenverteilung der Timbedier ungeachtet von Stand und Rang kam Olliviaa von Anfang an wie anarchistischer, ja, geradezu verantwortungsloser Irrsinn vor. Aber die vielen Jahre der finanziellen Entbehrungen, in denen der ignorante Guiseppe der einzige Lichtblick am Horizont war, hatten sie gelehrt, die Zähne zusammen zu beißen, und so nahm sie tapfer das rostige Küchenmesser und eine Karotte in die Hände, um der Auseinandersetzung mit Laminia Schnitzer zu entgehen, die sie tags zuvor bereits beim Kampf mit dem Knüppel traktiert hatte. Wie es den anderen Anwesenden gelang, die Karottenstücke dabei vor dem Herunterkullern zu bewahren, war ihr ein Rätsel. Natürlich schnitt sie sich dabei in den Finger, und saß dann eine Weile lang wie ein Narr mit dem viel zu großen Verband und der potthässlichen Lederschürze in der Ecke. Aber als wäre das der Erniedrigung noch nicht genug, legte diese zorngetriebene Verrückte tatsächlich Hand an sie und zerrte sie mit Gewalt zurück an den Schnippeltisch. Überrumpelt und völlig fassungslos ließ Olliviaa sich das Messer wieder in die Hand drücken, und so schnitt sie wie in Trance die zweite und auch die dritte Karotte ihres Lebens klein, um sie danach, zusammen mit allen anderen, in den großen, rußverschmierten Suppentopf zu werfen. Leider konnte sie nicht einmal verhindern, dass ihr verhasster Ehemann, der ja von Geburt her ein Gewöhnlicher war, sie dabei zu sehen bekam und, sie hätte es schwören können, spöttisch grinste.


Ausgerechnet ein Soldat

Aus Erfahrung wusste Olliviaa, dass sich die jüngeren ihrer dienstbaren Geister durch einen vielversprechenden Augenaufschlag leichter auch mal zu Sonderaufträgen hinreißen ließen, die nicht unbedingt auf dem Lohnzettel auftauchten. Nach dem öffentlichen Streit mit Guiseppe – auch noch vor Landsleuten – war das Maß voll. Sie schmiedete Ideen: Wenn er die Treppe hinunterfiele? Wenn er wie zufällig von dem brackigen Brunnenwasser krank würde? Aber dann fiel ihr der Soldat auf, dessen Streits mit dem ranghöheren Quartiermeister offensichtlich nie zu seiner Zufriedenheit ausgingen. Ein perfektes Opfer, und noch dazu ansehnlich. Auch hier verliefen ihre erprobten Verführungskünste wie erhofft, und bald gedieh ein guter Plan, der Guiseppe aus dem Weg räumen würde. Aber je länger sich dessen Umsetzung verzögerte, und je mehr Zeit sie mit dem Heilergehilfen verbrachte, desto mehr wuchs er ihr ans Herz… Die Tränen, die sie vergoss, als er in den Wald ausrücken musste, kamen zu ihrer Überraschung von ganz allein, und bei seiner öffentlichen Anschuldigung nach dem Mord brach es ihr schließlich das Herz, ihn auszuliefern. Und mit einem Mal wurde ihr auch klar: sie stand nun allein, sie hatte nun niemanden mehr, außer vielleicht Kashin Weidendamm, die in schöner Regelmäßigkeit ihren Verstand im Timbedischen ertränkte. In den folgenden Tagen und Wochen, in denen sie und Candor unter Bewachung getrennt waren, flüchtete Olliviaa sich in die Musik oder die Küchenhilfe, um dem Kummer zu entgehen. Sie dachte an die Zukunft, wo er vielleicht als Leibwächter in ihrer Nähe bleiben konnte – bis die grausame Nachricht vom Untergang Westfals kam. Keine Prinz von Sonnfurt, keine Rückkehr nach Klein Rhaetikon. Im Wald nur die fürchterlichen Orken, und sogar Lyrraner, die in ihrer Übermacht unbestreitbar jeden aufgreifen würden, der so töricht war, an ihnen vorbei schleichen zu wollen. Candor würde als Soldat hierbleiben müssen, und ihn nach alledem dem Tode geweiht zurück zu lassen, kam für sie nicht in Frage. Egal, wie man es drehte, das Leben war früher oder später nichts mehr wert. Sie würde da bleiben, wo Candor war – bis zum bitteren Ende.
Sie sind also auch nicht zufrieden, auch Ihnen fehlt irgendwas: der Glanz und die Intensität, dieser nicht alltägliche Spaß.
Sie vermissen die großen Gefühle, das kann ich gut verstehn - auch Sie sollten mal wieder in die Oper gehn...
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Re: AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon Katja - Berlin » Di 8. Okt 2019, 12:56

4 Wochen bis zum Tode von Laminia Schnitzer

Nichtsahnend von den bevorstehenden Ereignissen verbrachte sie die Tage und Abende so, wie sie es sich angewöhnt hatte: mit anderen Menschen in Kontakt treten, indem man sie fertig macht. Sei es mit Worten, sei es mit körperlichen Auseinandersetzungen. Nähe zu anderen Menschen baute sie auf, indem sie Drohungen leise in deren Ohren zischte.
Vom Schicksal gefickt, vor vielen Jahren in Eldengard, hielt Laminia das sich selbst gegebene Versprechen ein: niemals wieder jemandem vertrauen, niemals wieder den Schmerz des Verlustes und Verrats spüren müssen. Einzige Ausnahme war Eirik Zweigrich, eine Art Bruder für sie seit unendlich langer Zeit. Er war der einzige hier, der sie noch anders kannte.
Laminia beendete den Abend, indem sie sich im Aufenthaltsraum zu den anderen setzen wollte. Ein Stich durchbohrte ihr Herz, als viele den Tisch wechselten oder von ihr abrückten, als sie ankam. So ging sie früh ins Bett, wie meist – nur um am nächsten Morgen alle zusammenzufalten, die nicht vor ihr auf den Beinen waren…

3 Wochen bis zum Tode von Laminia Schnitzer

Die ersten Nachrichten aus Westfal nahm Laminia gelassen auf und war entsprechend genervt davon, dass einige Mitbewohner von Angst und Tod sprachen. Weicheier, Hasenfüße, wimmernder Abschaum. Allen voran der Hauptmann. Als sie zusammen mit anderen aufbrach in Richtung Birkenweiler, war sie dankbar, endlich etwas zu tun. Für das Warten auf den Feind war Laminia nicht gemacht. Welch unschöne Überraschung, kurz vor Birkenweiler auf Orken zu treffen und was für eine noch größere Überraschung, dass sich der Hauptmann nicht winselnd versteckte, sondern zusammen mit Laminia in der ersten Reihe stand. Die Orken hatten ungewöhnlich kräftige Schläge zu bieten – so hatte Laminia es gar nicht in Erinnerung gehabt. Durch die Rüstung hindurch bildeten sich tiefschwarze harte Stellen auf der Haut an jeder Stelle, wo ein Ork sie traf. Doch noch hatte Laminia weder den plötzlichen Mut des Hauptmanns verarbeitet, noch die Schmerzen aus den Orkentreffern - da wurde alles überschattet von einem unheiligen Wesen in rot-schwarzer-Gestalt. Laminias Schwert fuhr wirkungslos durch seinen dämonischen Leib. Seine Schläge ließen Laminia kaum die Kraft, sich auf den Beinen zu halten und so entfuhr ihr das erste Mal in ihrem Leben ein Angstschrei. Hätte ihr treuer Kamerad Eirik nicht noch manchen Schlag des Dämons von ihr abgehalten, hätte dieser wohl ihren Schädel zerspaltet. Der Rückzugsbefehl des Hauptmanns ließ in Laminia diesmal nicht den Zorn aufsteigen, sondern wurde von ihr als einzig richtiger Befehl erachtet. Mit argen Verletzungen sammelte sich die Gruppe wieder und trat den Rückweg an.

2 Wochen bis zum Tode von Laminia Schnitzer

Zurück im Außenposten angekommen, berichteten die Zurückgebliebenen vom Überfall der Orken unter Anführung eines Lyraners. Als einer der ersten hatte Andres, der andere Bannerführer, sein Knie vorm Feind gebeugt und war damit allen übrigen als denkbar schlechtes Beispiel vorangegangen. Sein Verrat wunderte Laminia nicht, war er doch Eldengarder. Was sie jedoch zutiefst erstaunen ließ, war die Entscheidung des Hauptmannes, dem Eldengarder endlich das Bannerkommando abzunehmen und dafür seinen eigenen Bruder einzusetzen. Sollte sich Laminia tatsächlich im Hauptmann getäuscht haben und über die Jahre war er zu Mut gekommen? Die Sinneswandlung des Hauptmannes hielt jedenfalls nicht lange an und schon wenige Tage später stellte er einen Plan vor, der für Laminia nach Flucht und Schiss klang. Noch dazu sollte der Eldengarder Verräter wieder als Bannerführer eingesetzt werden. Obwohl Laminia vor aller Ohren dem Hauptmann drohte, ihre alten Erfahrungen mit allen anderen zu teilen, besann sich der Hauptmann nicht und hielt sowohl am Fluchtplan fest als auch an Andres als Bannerführer. Laminia rebellierte und warf ihren Gürtel mitsamt Schwertern und Wappenrock vor die Füße des Hauptmanns. Eiskalt überzog es ihren Rücken, als daraufhin ein Ruf durch den Raum hallte: "was machen wir mit Deserteuren?" "Baumeln lassen", war die prompte Antwort. Laminia war klar, dass einzig und allein Eirik zu ihr stehen würde. Doch noch bevor sie diesen Gedanken zu Ende hatte denken können, stand plötzlich Quartiermeister Nordwin vor ihr und dem Hauptmann. Mit den Worten „Laminia, du altes Arschloch, und wenn es das letzte ist, was ich tue, ich stehe dir bei“, warf auch er Schwerter und Wappenrock vor des verblüfften Hauptmanns Füße. Und noch während dieser versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bringen, tat ein Soldat nach dem anderen es Laminia und Nordwin gleich. Im allgemeinen Tumult und Aufruhr bemerkte niemand, was mit Laminia in diesem Moment geschah: Ihr Herz fühlte sich an, als hätte es ebenfalls etwas abgeworfen, diese feste Schale aus Stahl, die es seit Eldengard umklammert hatte. Mit jedem Wappenrock mehr, der vor den Hauptmann geworfen wurde, löste sich etwas von der schützenden Rüstung um Laminias Herz. Mit letzter Kraft gelang es ihr, nicht weinend auf die Knie zu gehen. Der Hauptmann kam nicht zur Besinnung, doch Andres lehnte das Bannerkommando ab und so beruhigte sich die Situation wieder. Nicht jedoch in Laminias Innerem. Sie trat hinaus, um ihre Gedanken zu sortieren und sich wieder zu sammeln. Just in diesem Moment gestand Eirik ihr, dass er selbst es war, der damals in Eldengard Miguel, den Liebsten Laminias umgebracht hatte, weil dieser ein Verräter an den Orken gewesen sei. Mit allerletzter Kraft widerstand Laminia den Impuls, Eirik an die Gurgel zu springen und verschwand für Stunden allein im Wald.

1 Woche bis zum Tode von Laminia Schnitzer

Noch während Laminia Eirik aus dem Weg ging, gelangte Nachricht zum Außenposten, die selbst Laminia verdeutlichte, dass hier wohl niemand lebend wird rauskommen können. Weiterhin verwirrt vom plötzlichen Beistand der Kameraden sowie von Eiriks Geständnis gelang es Laminia in ihren letzten Tagen nicht mehr, die schützende Rüstung um ihr Herz wieder anzulegen. Zögerlich und ungeschickt fand sie nette Worte zu denen, die sie in den letzten Monden und Jahren drangsaliert hatte. Sie suchte die Nähe der anderen. Lächelte gelegentlich. Und in den letzten Stunden vor ihrer aller Tod hatte Laminia in ihrem Banner wieder einen Zusammenhalt, wie schon seit unendlich vielen Jahren nicht mehr. Jeder aus dem Schnitzer-Banner war bereit für sie zu sterben und Laminia war bereit, für jeden von ihnen das Gleiche zu tun. Es öffnete Laminia die Augen: das also war das Leben. Mit all seinen Hoch und Tiefs. Mit Freundschaften, mit Gefühlen. Welch Ironie, als Laminia bemerkte, dass sie die letzten Jahre eigentlich tot war. Und nun, bevor der Tod tatsächlich auf sie zumarschierte, fühlte sie endlich wieder das Leben. Von Herzen gönnte Laminia es Ilse, zu den Ausgelosten zu gehören, die eine Flucht versuchen durften. Als letzten Befehl gab sie ihr mit auf den Weg: werde vor Schmerz nicht solch ein Arschloch wie ich, sonst komme ich vorbei und schlage dich zusammen. Ilse und Laminia mussten darüber gänzlich unpassend lachen.

Der Tod von Laminia Schnitzer

Da lag sie. Schulter an Schulter mit den in ihrem Banner Verbliebenen. Ihr blutüberströmter Kopf berührte den von Eirik. Ihre Hand lag auf dem Rücken des Quartiermeisters Nordwin. Und ihr Bein hatte sich im Sturz mit dem von Sigmund Bockblatt verkeilt. Neben ihnen stand eine leere Kiste. Darin hatten sie eigentlich die Orken transportfähig verpacken wollen. Der Wind flüsterte in den Blättern: Banner Schnitzer antreten. Doch niemand konnte den Wind mehr hören...
Zuletzt geändert von Katja - Berlin am Di 8. Okt 2019, 18:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon [Tom] » Di 8. Okt 2019, 13:34

Mal ganz unzusammenhängend eingestreut:
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Re: AK - Westfal - Week of Stories

Beitragvon Thorsten » Do 10. Okt 2019, 20:48

Seit diese verfluchte Nachricht kam, dass die Orken wieder einen Sturm vorbereiten, ihn sogar schon begonnen haben sollen, wird es für den Hauptmann immer schwerer, klare Gedanken zu fassen. Falk hat schon vor fast zwei Jahrzehnten gelernt, dass er ein guter Soldat, ein passabler Kämpfer aber kein Krieger oder gar Anführer ist.
Mit Grausen erinnert er sich immer wieder an den Moment, als die eigene Schlachtreihe unter dem Ansturm der Krachtoi förmlich zerbarst. Sobald er seine hilflosen Kameraden sah, wie ihnen Puppen gleich die Gliedmaße verdreht und abgehackt wurden, war es um ihn geschehen. Sein einziges Bestreben war es, seine Haut zu retten, was ihm auch gelang. Die Schlacht wurde sogar noch gewonnen, da andere den nötigen Mut besaßen – und er wurde Held Timebdiens. Seit dem ist er ein ergebenerer Diener der ERIS als von GOR.

Falk hatte die Erinnerungen verdrängt, und alles dafür getan, dass er niemals wieder in einer Schlacht stehen würde. Und jetzt baute dieser vom Herzog gesandte Stratege Figuren auf eine Karte des Umlandes und es sah plötzlich so aus, als ob Westval doch zu nahe an der Grenze lag. Falk bereute kurz, dass er unbedingt nicht als feige gelten wollte. Dann konzentrierte er sich auf die Hoffnung – der Ork war noch weit und man hatte sich auf den neuen Ansturm ja lange vorbereitet - und begann Befehle zu erteilen, an die er zuvor niemals gedacht hatte: Palisadenbau, komplette Gefechtsübungen, ständige Kampfbereitschaft. Solange wie möglich würde er der Hauptmann sein, den seine Kameraden brauchten und für den sie ihn hielten.

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Klar denken fällt Falk in diesen Tagen immer schwerer. Und seine Kameraden sind nicht besonders hilfreich, scheinen alle total verrückt zu werden. Sein Bruder Karl kommt jetzt immer wieder mit den ollen Kamellen, Falk hätte ihn damals im Stich gelassen. Quartiermeister Nordwin wird noch seltsamer und scheint den Frust über seine alte Kriegswunde immer mehr an Pionier Sigmund auszulassen. Eyrik hängt noch mehr an Laminia, die nur noch bei Kampfübungen spurt. Dann sind da noch diese Neuen, Neu-Rhaetikoner mit dem nervig optimistischen und unerträglich egoistischen Händler Guiseppe als Anführer. Sein steter Kampf ums Überleben hält Falk einen verzerrten Spiegel seiner selbst vor, so dass er sich in seiner Falschheit darin immer und immer wieder erkennt – was er aber seines Rufes Willen nicht zeigen darf. Falk wird ihm gegenüber patzig, fast übergriffig, doch eigentlich will er eigentlich nur weg, oder wenigstens dieser Guiseppe sollte endlich mal die Klappe halten.

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Der Stratege hat endlich ein Einsehen und Falk muss nicht mehr den standhaften Verteidiger spielen du heroische Reden schwingen – wie gut er sich das in den letzten Jahren angewöhnt hatte. Jetzt gibt es einen Ausfall um dem Nachschub aus Birkenweiler beizustehen. Und natürlich würde der Hauptmann diesen anführen! Endlich ein Weg raus hier, weg von den Irren und den Orks.

Der Aufstieg zieht sich, da Guiseppe mitkommt. Aber er ist reich, das konnte nützlich sein – oder aber er wäre langsam und natürlich sollte man selbst nie der letzte sein, denn den beißen die Orken. Der Wald zum Pass hoch ist verregnet und Fetzen von Nebelschwaden verbergen immer wieder die Geheimnisse nach der nächsten Biegung. Bald wären sie an der Spitze des Passes, bald bei der Verstärkung und dann würde alles gut werden.
Falks Puls schießt sprunghaft in die Höhe, als das dumpfe Wummern orksicher Ritualtrommeln einsetzt. Er reißt sich zusammen, sein Trupp ist gut bewaffnet – sie schleichen sich näher. Da tanzt etwas Feengleiches mit wild schlagenden Armen und in einem weiten rosa Kleid durch den Wald. Nein, es ist eine Bauern-Magd, die sich verzweifelt gegen ihren grausamen Peiniger wehrte, ein stinkender Ork, der sie zwei Köpfe überragt und sie an den Haaren hinter sich her zieht. Dann liegt diese Frau wimmernd auf einem Alter und zwei warzige Orkschamaninnen kreischen und tanzen, fuchteln und drücken die Frau weiter zu Boden. Dann der Dolch, das Blut und seltsam fliederfarbener Rauch. Falk gibt schon das Kommando zum Angriff – wobei er nur Nordwin wiederholt, der fast fauchte: „wir müssen jetzt eingreifen.“. Jetzt gibt der Hauptmann Befehle, dieser Kampf konnte gewonnen werden! Vorstoß auf der rechten Flanke – Sigmund gehorcht, Falk ist direkt dahinter und einer der Orks wird isoliert. Dann geht Sigmund zu Boden, getroffen von einer widerwärtigen Groteske, einem rotgesichtigen Dämon. Dieses Ding pflügt jetzt durch Falks Mannen. Falk, er hat bisher noch keinen Schlag geführt, nur pariert, prescht zu Sigmund und schreit „Nein Sigmund, steh auf. Rückzug!“ Da sind endlich mal alle gleich feig und beginnen sich zu formieren – nur Nordwin begehrt auf, er will nicht klein bei geben, nicht vor Orks fliehen. Doch am Ende sind sich alle einig – ein Dämon ist ein zu fürchterlicher Gegner.

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Tage später – wieviele eigentlich? – hat es der Trupp endlich geschafft. Durch die Wälder und vorbei an einigen geplünderten Holzfällerhöfen waren Sie wieder am Posten angekommen. Die Stimmung ist eigentlich schon am Boden, aber die Berichte der Zurückgebliebenen sind noch Niederschmetternder. Ein Lyrraner war mit einem Orktrupp erschienen und hat im Morgengrauen alle überrascht. Er hat zwar nicht kampflos, aber zu leicht gewonnen und nun wären alle Sklaven. Dieser Wald sein Eigentum, das Haupthaus gezeichnet mit dämonischen Runen.

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Egal, jetzt war alles zu Ende. Falks rechte Hand Andres war immer ein wundervoller Befehlsempfänger gewesen. Das hat er dann auch für den Lyrraner gemacht und zwar schnell und erniedrigend. Falk hat keine Wahl, und er muss Andres sofort absetzen, um überhaupt noch die Kontrolle zu behalten. Sein Bruder wurde neuer Zugführer und tatsächlich gab er dadurch ein paar Tage Ruhe. Falk war ja nicht ganz doof, aber er brauchte jetzt einen langfristigen Plan.

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Die störrische Fragnerin Johanna hatte sich besonnen. Hatte sie dem Lyrraner noch die Stirn geboten, hatte sie jetzt ein Einsehen mit all jenen, die durch einen Kniefall aller Leben gerettet hatten. Jetzt kann Falk endlich einen Plan präsentieren, der im Prinzip aller Leben retten konnte – oder aber mindestens mal seines.
Alle, die knien und nicht kämpfen wollten oder konnten, sollten als Ablenkung dienen, während er mit den andern durch die Hintertüre einen Überraschungsangriff starten würde. Er selbst würde sich aber mit Andres in den Wald absetzen. Was die Botin mit ihren vermaledeiten Diskorsbotschaften schafft, würde sie auch hinbekommen. Verdammte Lyrraner, vermaledeiter Kraken, hirnrissige Neu Rhaetikoner – sie können ihm gestohlen bleiben.
Die Stimmung kocht hoch, Falk muss um seine Anführerschaft kämpfen, aber alle anderen sind so mit ihrer eigenen Angst beschäftigt, dass sie ihm gerade so noch glaubten. Nur sein Bruder sähte wieder Zwietracht, na gut, und auch Laminia.

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Und da, eine gute Nachricht. Falk hatte sich schon überlegt, sogar auf Anraten seines Bruders, eine Hoffnungsbotschaft zu erfinden. Doch nun konnte der Hauptmann den neuen Plan verkünden. Es gäbe keinen Überraschungsangriff, sondern einen Ausfall um den Truppen zu Hilfe zu eilen, die sich auf dem Weg zu Ihnen befanden. Einem Kampf aus dem Weg gehen, entkommen …

Dieser Abend hätte fast das Ende des Hauptmannes Falk Bärenhart bedeutet. Plötzlich sind sich ein großer Teil der Truppen einig, dass Falk nicht mehr zum Wohle aller entschied. Es könnte daran gelegen haben, das der Hauptmann wieder Andres als Bannerführer einsetzt. Die wogen schienen geglättet, Andres wieder akzeptiert. Doch die Waffenröcke, die sich immer mehr seiner Soldaten vom Leibe reißen sprechen eine andere Sprache. Falk kann nicht allen Vernunft einprügeln – Falk kann gar nichts mehr tun, in dieser Welt aus Mord und herumlaufender Mörder – Candor zum Tode zu verurteilen wäre rechtens gewesen – in dieser Welt aus sinnloser Hoffnung und geplantem Untergang. Falk wollte nie Hauptmann werden; Falk war nie ein Hauptmann geworden.

Dann zieht sich Andres zurück, gibt den Posten des Bannerführers selbst her und rettet den Hauptmann für einen Zeit. Es stellt sich schnell heraus, dass er selbst mit der Söldnerin der Neu Rhaetikoner einen Fluchtplan hatte – er scheitert. Der Hauptmann lässt die Söldnerin ziehen, aber Andres nicht – er ist der einzige, der irgendwie noch zu ihm hält.

Dann erreicht die Läuferin wider Erwarten doch noch das Lager, und kurz zuvor ein Pliger der ERIS – es gibt immer noch ein Durchkommen! Die Depesche an Rhodan – sie muss ankommen und so werden fünf Namen aus einem Sack gezogen, welche die Botin auf dieser wichtigen Reise begleiten sollen. Jeder darf zuvor einen Namen auf einen Zettel schreiben, nachdem zuvor Nero, der durch die Timbedier befreite Sklave der Gäste versucht seinen Namen auf einer Liste überall aufzuschreiben. Der Pilger zieht, Falk soll vorlesen – doch schon den ersten Zettel gibt er wieder an Paul den Pilger zurück: ERIS hatte ihn nicht vergessen und sein eigener Name auf seinem eigenen Zettel ward gezogen!

Keiner rebelliert, Falk gibt das Kommando an seinen Bruder ab. Andres bleibt zurück, nicht aber jedoch Nero und auch Ilse, die der Hauptmann von einer Fischerin zu einer Kriegerin machte, muss wider Willen die Reise antreten. Der Abschied ist merkwürdig. Falk fühlt sich sowohl gehasst, als auch beneidet … und einige zeigen auch ernsthaft Trauer. Und dann ist es vorbei, er verlässt das Haus, welches mit Tränen und Erinnerungen gefüllt ist. Irgendwo dort liegt das Abzeichen „Held Timbediens“ abgerissen im einem der zahlreichen Scharmützel mit seinem Bruder, der doch am Schluss einer der Trauernden war. Auch Falk hat feuchte Augen - doch echte Gefühle hatte er sich schon zu lange nicht mehr erlaubt und so rinnt keine Träne seine Wangen herab.

Ein paar Schritt tief im Wald liegt ein timbedischer Wappenrock, kurz darauf ein Kettenhemd. Der Hauptmann Falk Bärenhart starb an diesem Ort, auf die eine oder andere Weise.
"Das übersteigt mein Fassungsvermögen", sprach der Zwerg und setzte das Bierfass ab.

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